BVMed-Konferenz zur "Therapeutischen Apherese" Experten sehen "wirkungsvolle und sichere Therapieansätze für zahlreiche Krankheitsbilder"
Zentrum
für
Therapeutische Apherese
Bonn
Die therapeutische Apherese, medizintechnische Verfahren zur Entfernung von krank machenden Bestandteilen des Blutes, stellt einen wirkungsvollen und sicheren Therapieansatz für zahlreiche Krankheitsbilder dar. Die neuen Behandlungs- möglichkeiten durch die therapeutische Apherese ziehen sich durch verschiedenste medizinische Fachrichtungen. Dabei können durch Apherese auch Krankheiten behandelt werden, bei denen herkömmliche Therapiekonzepte nicht mehr greifen. Das machte die Apherese-Konferenz "Der Einsatz innovativer extrakorporaler Therapieverfahren" des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) in Wiesbaden deutlich.
Zehn renommierte Fachreferenten aus Medizin und Wissenschaft lieferten erstmals in Deutschland eine Gesamtübersicht über die therapeutischen Möglichkeiten und Chancen der Apherese. Dabei wurden zahlreiche prospektive randomisierte Studien vorgestellt, die sich beispielsweise auf die Krankheitsbilder rheumatoide Arthritis, Herzmuskelschwäche, Leberversagen, chronisch entzündliche Darmerkrankung, schwere Blutungsneigung, Hörsturz oder Augenerkrankungen bezogen.
"Die therapeutische Apherese muss in Deutschland ein anerkanntes Therapiefeld werden. Wir haben einen weltweiten Vorsprung in der Forschung und Entwicklung, aber einen Rückstand bei der Erstattungssituation. Hier brauchen wir bundesweit einheitliche Regelungen, die die Chancen der Apherese für die Patienten nutzbar machen", sagte der Moderator der BVMed-Konferenz, Prof. Dr. Dr. Horst Klinkmann, Präsident der Weltgesellschaft Apherese, in seinem Resümee vor 60 Teilnehmern aus Medizin, Wissenschaft, Krankenkassen und ihren medizinischen Diensten sowie Industrie.
Therapeutische Apherese ist der Oberbegriff für neue medizinische Verfahren zur Elimination von bestimmten Bestandteilen des Blutes. Bei der Apherese erfolgt die Elimination von krank machenden Eiweißsubstanzen (Proteinen) oder Giftstoffen außerhalb des Körpers in einem "extrakorporalen Kreislauf". Das Verfahren ist äußerst nebenwirkungsarm. Die therapeutische Apherese bietet für eine Vielzahl medizinischer Fachdisziplinen die Möglichkeit, das Ziel einer individuell optimal angepassten, gut verträglichen Therapie zu verwirklichen.
Prof. Dr. Dr. Horst Klinkmann bezeichnete die therapeutische Apherese als "eine der zukunftsträchtigsten innovativen Medizintechnologien". Im Gegensatz zur bekannten Dialyse habe man es bei der Apherese mit der gesamten Medizin zu tun. Deutschland habe dabei einen weltweiten Vorsprung bei der gesamten Bandbreite der therapeutischen Apherese. Allerdings gebe es in Deutschland auch eine unzureichende Absicherung der ökonomischen Grundlage.
Prof. Dr. Dr. Thomas Bosch vom Klinikum der Universität München, Vizepräsident der Weltgesellschaft Apherese, stellte in seinem Einleitungsreferat folgende Definition der therapeutischen Apherese vor:
"Elimination hochmolekularer pathogener Plasmabestandteile (meist Proteine) aus Plasma oder Vollblut in einem extrakorporalen Kreislauf“.
Meist handele es sich um selektive Aphereseverfahren zur Entfernung krank machender Proteine (Pathogene). Die nützlichen Proteine hingegen würden dabei in den Körper zurückgegeben. Damit stehe ein "fast optimales Verfahren mit geringsten Nebenwirkungen" zur Verfügung.
Zu den Wirkmechanismen der Apherese gehört die Entfernung von Pathogenen, vor allem bei Stoffwechselstörungen und Autoimmun- Erkrankungen sowie die Elimination zirkulierender Immunkomplexe und die Modifikation der Immunzellen. Der Standard in der Industrie sei dabei "sehr hoch". Es gebe kaum noch technische Probleme. Grundsätzlich sei das Verfahren sehr gut verträglich. Studien zeigten eine akute und chronische Besserung der Symptomatik und eine positive Beeinflussung von Morbidität und Mortalität. Als Beispiel nannte Prof. Bosch die LDL-Apherese, also die weitgehende Elimination des "schlechten Cholesterins". Durch Apherese komme es zu einer signifikanten Reduktion der Koronarereignisse und der Mortalität. Am häufigsten sei der Einsatz der Apherese nach vorheriger konservativ-medikamentöser Therapie mit unzureichender Wirkung.
Das Fazit von Prof. Bosch: "Apherese ist ein sicheres und effektives Verfahren. Es stehen verschiedene selektive Verfahren zur Verfügung. Gesicherte Indikationen gibt es u. a. für Autoimmun- erkrankungen, Erkrankungen der Nieren, Nerven und des Stoffwechsels. Neuere Indikationen sind derzeit Gegenstand klinischer Studien.
Wichtig ist die ärztliche Kooperation: Die Indikationsstellung zur Apherese und ihre Durchführung erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit."
Einzelbeiträge zu bestimmten Krankheitsbildern:
Altersbedingte Makuladegeneration (Erkrankung der Augennetzhaut)
Die Möglichkeiten der therapeutischen Apherese bei ophthalmologischen Erkrankungen erläuterte Privatdozent Dr. Reinhard Klingel vom Apherese-Forschungsinstitut Köln am Beispiel der altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD). Es handele sich dabei um verzerrtes Sehen durch eine Erkrankung der Netzhaut des Auges. Die Folge sei, dass bis zu 20.000 Patienten daran jedes Jahr erblinden. Es gebe rund 430.000 Patienten mit Netzhautveränderungen. Wirksame Verfahren (z. B. Lasertechnologien) stehen derzeit erst für die feuchte Form der Krankheit zur Verfügung. Die trockene Form dieses Krankheitsbildes hatte bislang keine Therapieform. "Die Apherese bietet hier erstmals eine Behandlungsmöglichkeit", so Dr. Klingel. Die Rheopherese zur Reduktion der Plasmaproteine sei eine gute und sichere, ergänzende Therapieoption. Die Wirksamkeit der Rheopherese bei der AMD wurde in der kontrollierten, prospektiven und randomisierten Studie der Universitätsklinik Köln signifikant dokumentiert.